Hinweis: Das Interview gibt es als Text und als mp3 (einfach anklicken)
Auf der Website der Liste MiTEiANDER habe ich gelesen, dass du vereinstechnisch ganz schön aktiv bist. Was machst du da so alles?
Ich bin im Samurai Lichtenau, seit 10 Jahren mittlerweile, Kampfsport Ju-Jutsu. Dann spiel ich in der Jugendkapelle und hab Einzelunterricht; Querflöte. Bei den Frechdachsen war ich als Kind und bin mittlerweile Teamerin. Und seit letztem Jahr gehe ich als Teamerin mit meiner Freundin ins Zeltlager mit.
Das ist von der Katholischen Jungen Gemeinde. Das bringt bestimmt Spaß!
Ja, das ist immer schön.
Dann bist du ja eigentlich schon ganz schön beschäftigt freizeittechnisch… Hast du sonst noch Hobbys, ist noch Platz für irgendwas?
Ich lese sehr gerne. Ab und zu abends oder wenn wir irgendwohin fahren.
Und außerdem hast du ja noch Schule…
Ja – die existiert auch noch!
Du gehst aufs Technische Gymnasium. Wie lange ist denn dein Schulweg?
Mittlerweile kürzer, weil ich jetzt Motorrad fahre. Aber eine Viertelstunde mindestens ist schon drin. Das sind so 11 Kilometer, bisschen mehr.
Und davor bist du mit dem Bus gefahren?
Ja – da habe ich deutlich länger gebraucht.
Du hast an der Schule den Schwerpunkt Umwelttechnik gewählt. Das klingt spannend. Was macht man da?
Wir machen generell Energie, Wärme, Elektrizität, Elektrotechnik, aber auch Bio. Also ganz viel Unterschiedliches. Wir haben tatsächlich auch viele Lehrer. Wir waren in der Geothermie, wir haben eine Kläranlage besucht, also es ist auch gut Praxis mit dabei. Das ist im Prinzip ein duales System.
Also neben deiner musischen Verlangung – Querflöte – bist du durchaus auch wissenschaftlich interessiert. Was habt ihr denn sonst noch für Fächer?
Wie an jedem Gymnasium, wird ja auch Abitur dann. Also Mathe, Deutsch, Englisch. Geschichte, Gemeinschaftskunde, das ist so eine Kombi auf dem Technischen Gymnasium. Außerdem Ethik. Und als Wahlfach ‚Sondergebiete der Technik‘. Da brauche ich keine 2. Fremdsprache. Informatik haben wir auch.
Programmiert ihr da auch?
Bisschen. Aber es hält sich noch in Grenzen.
Auf Gemeinschaftskunde wollte ich eigentlich raus: habt ihr denn da auch was über das neue Wahlrecht erfahren?
Tatsächlich im Unterricht noch nicht so wirklich. Es ist tatsächlich eher Geschichtsunterricht als wirklich Gemeinschaftskunde, wir sind eher mehr vergangenheitsmäßig unterwegs. Also in der Schule kommt nicht so viel bezüglich wie es jetzt aussieht mit ab 16 wählen und so.
Schade – dabei habe ich da ganz tolle Unterrichtsmaterialien zu gefunden…
Ja. Ist mit dem Bildungsplan ein bisschen schwierig, wegen Zeit.
Ihr müsst ja alle immer alles schnell durchklopfen.
Ja.
Du bist 2007 geboren, d.h. du bist jetzt 16 und gehörst damit zum ersten Jahrgang, der tatsächlich auch das passive Wahlrecht hat. D.h. du darfst nicht nur wählen, sondern kannst auch gewählt werden. Das geht im Moment tatsächlich nur in Baden-Württemberg. Was hat dich veranlasst, gleich da mittenrein zu springen in die Kommunalwahl?
Also warum nicht. Jetzt habe ich die Chance. In 5 Jahren bin ich 22, wer weiß, ob ich da überhaupt noch hier bin. Ich kann’s jetzt machen. Warum probiere ich’s nicht mal! Das hat sich dann so ergeben.
So schreibt du es auf der Website: du willst den Jungen auch eine Stimme geben. Das scheint dringend geboten. Nur 1,8 % aller Gemeinderäte in den Reg.-Bezirken Freiburg und Karlsruhe sind unter 25 Jahre…
Das ist sehr wenig.
…während der Anteil dieser Altersgruppe in der Gesamtbevölkerung 26% beträgt. Dagegen sind etwas mehr als 59% über 55 Jahre- da hast du es dann schon mit einer ganz anderen Generation zu tun!
Ja.
So eine Wahl, das klappt ja nicht immer auf Anhieb. Kann ja, könnte ja tatsächlich schiefgehen. Das würde dich doch aber hoffentlich nicht entmutigen?
Nö. Wenn ich gewählt werde, gehe ich in den Gemeinderat. Aber ich mach mir jetzt auch nichts draus, wenn’s nicht klappt. Ich versuch’s einfach.
Das ist gut. Und abgesehen davon, wärst du auch in 5 Jahren immer noch jung genug, um den Altersschnitt zu senken.
Ja – da könnte ich es dann auch nochmal probieren.
Wie nimmt das eigentlich dein Umfeld so auf? Deine Freundinnen und Freunde, deine Mitschüler*innen, deine Vereinskamerad*innen?
Ich hab tatsächlich eigentlich nur Positives gehört. Die waren eigentlich wirklich echt begeistert. Alle waren so cool. Ich habe nur Zuspruch bekommen.
Und deine Eltern unterstützen dich wohl auch.
Ja. Ja!
Ich hab gehört, dass Gemeinderatssitzungen in der Regel ziemlich lange dauern, oft bis mitten in die Nacht. Und ich glaube, der Unterhaltungswert ist auch eher … eingeschränkt.
Ich hab auch schon mitbekommen, dass das lang dauert. Aber ich glaube, wenn ich tatsächlich reingewählt werden würde, dürften die gar nicht so lange machen, weil ich ja dann im Prinzip noch minderjährig bin.
Aha – du wirst sie zur Raison rufen!
Ich bin mir nicht sicher, aber wahrscheinlich müssten sie dann entweder früher anfangen oder aber eben mehr eingrenzen. Das zu sehen wäre tatsächlich mal interessant.
Da bin ich auch gespannt. Wie willst du die Belange von Jugendlichen im Gemeinderat einbringen?
Tatsächlich hab ich jetzt so als kleine Aktion, dass ich mit Jugendlichen Inliner fahren möchte, so mit einer Tour durch Lichtenau, um dann die währenddessen zu fragen, was gefällt Ihnen denn an Lichtenau, wie ist es, habt ihr irgendwelche Ideen. So dass ich dann durch die Erfahrungen oder Wünsche von denen ein bisschen weitergeben kann oder möchte, um dann zu sagen, was kann man ändern, was ist gut, einfach dass man das überhaupt mal zur Sprache bringt.
Also machst du eine gemeinschaftliche Aktion, um das zu sammeln, was aus eurer Sicht so dringend hier ist.
Genau.
Wäre denn so ein Jugendgemeinderat – den es ja tatsächlich auch in etwa 100 Gemeinden in Baden-Württemberg gibt – nicht vielleicht sogar ein effektiveres Gremium, um die Kommunalpolitik in eurem Sinne zu beeinflussen?
Könnte schon sein. Wenn dann einige im Jugendgemeinderat wären, hätte man einfach eine höhere Anzahl von Stimmen, die dann im Prinzip auch in dem ‚großen‘ Gemeinderat was bewirken können, besser als alleine. Aber ich zweifle, ob es in Lichtenau genügend Jugendlich gäbe, die auch wirklich Interesse zeigen würden, dass das überhaupt zustande kommt. Ist immer schwierig, irgendwie abzuwägen.
Soweit ich das gelesen habe, ist ja tatsächlich auch beides möglich, also dass du sowohl Mitglied im Gemeinderat bist als Im Jugendgemeinderat. Das wäre also auch eine Möglichkeit. Fand ich eine interessante Geschichte, man lernt ja auch immer selber dazu.
Das stimmt!
Das haben wir ja nun bereits angesprochen, wie und wo du dir deine Anregungen holen willst und wie du auf dein Altersumfeld zugehen kannst. Aber es gibt auch schon einen Punkt, der wohl wichtig ist, nämlich ein Jugendtreff. Du selbst bist ja eigentlich gut eingebunden in Vereinen. Was denkst du, ist da die Zielgruppe? Warum haltet ihr das für so wichtig?
Klar trifft man sich in Vereinen, aber man trifft sich, weil man halt was Gemeinsames macht, was einen irgendwo verbündet, wie z.B. die Musik oder der Kampfsport. Aber beim Jugendtreff soll einfach jeder so sich kennenlernen, egal ob jetzt Scherzheim oder was auch immer. Egal welches Alter, das kann ja auch relativ jungendaltersübergreifend sein. Einfach, dass man uns einmal einen Raum gibt, wo wir im Prinzip wir sein können, wo wir einfach uns austoben können, in welcher Form auch immer. Müssen jetzt nicht nur 17, 18-Jährige sein, sondern auch Jüngere.
Soll das irgendwie betreut sein?
Der Raum kann auch selber gestaltet sein. Und klar, irgendwann muss ja wer die Verantwortung übernehmen, sonst geht’s nicht. Dass es ein, zwei Verantwortliche dafür gibt, egal ob es ein Erwachsener ist oder eine Teamerin oder ein Teamer…
Gäbe es da irgendwie einen Leerstand, den man so ins Auge fassen könnte?
Ich denke, es ist schwierig in Lichtenau, ich weiß nicht. Das alte Rathaus von Ulm stand mal leer, aber ich glaube, dafür haben sie jetzt auch schon weitere Pläne. Die Schule in Scherzheim wäre ev. in Frage gekommen.
Das Interview mit Sophie führte Ute Henkenherm